Hate-Raid Rekordzahlen! Die Folgen der ARD-Berichterstattung
Schwerwiegende Folgen für Twitch-Streamer aufgrund der Berichterstattung von ARD-Kontraste und Spiegel-Online
Ein bekanntes Sprichwort besagt:
„Bad publicity is better than no publicity”.
Seit dem 11.04.2024 wissen wir, dass dieses Sprichwort für Betroffene der Hate-Raider-Gruppierungen definitiv nicht zutrifft.
Warum treffen wir solch eine Aussage?
Lassen wir, bevor wir auf die Hintergrundgeschichte eingehen, erst einmal Zahlen sprechen, die uns vom „Institut für Sicherheit und Datenanalyse im Streaming (ISDS)” für diesen Artikel zur Verfügung gestellt wurden.
Dramatische Zahlen seit Veröffentlichung der Berichterstattungen von ARD-Kontraste und Spiegel-Online
Fakten ab dem 11.04.2024:
– Angriffe auf Twitch-Streamer: 181 Betroffene.
– Essensraids: 582 (Dunkelziffer wahrscheinlich deutlich höher).
– Swattings: 36 (Dunkelziffer wahrscheinlich deutlich höher).
ALLE 181 Angriffe auf Twitch-Streamer resultierten entweder in Essensraids und/oder Swattings. Mehrfache Swatting-Einsätze bei dem gleichen Streamer wurden nicht berücksichtigt.
Wir sprechen bei dieser Erhebung über einen Zeitraum von knapp 3 Wochen! Dies sind Rekordzahlen.
Wer die Zahlen grob auf das restliche Jahr 2024 hochrechnet, wird wahrscheinlich genauso entsetzt sein wie wir.
Hintergrund und erste Kontaktaufnahme der ARD-Kontraste
Im März 2024 hat sich ein Journalist des Formats „ARD-Kontraste” an uns und weitere Vereine und Personen, die sich mit dem Thema „Hate-Raids” auseinandersetzen, gewandt, um eine Reportage und einen Artikel in Zusammenarbeit mit Spiegel Online zu diesem Thema zu veröffentlichen.
Gespräche wurden vereinbart, erste Informationen ausgetauscht und insgesamt erschien die Herangehensweise an dieses Thema zunächst sehr professionell und positiv. Es wurde versichert, dass sämtliche Inhalte jahrelang intensiv recherchiert wurden.
Kontakt Teil II
Nach dem ersten Gespräch mit dem Journalisten, das aus unserer Sicht sehr gut gelaufen ist, wurden uns Fragen für den Beitrag und ein Interview zugeschickt. Die Fragen bezogen sich ausschließlich auf die Themen „Swatting” und “zu den Gruppierungen”, die für die Hate-Raids verantwortlich sind.
Aufgrund der Tatsache, dass sich der Bericht ausschließlich um diese Themengebiete drehen sollte, waren wir uns bei TeamKompass einig, dass wir von der Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zurücktreten, da das so aufwendige und detailreiche Gesamtthema „Hate-Raids auf Twitch” plötzlich nicht mehr von Interesse war.
Durch den engen Austausch mit dem „Institut für Sicherheit und Datenanalyse im Streaming (ISDS)” wussten wir kurze Zeit später, dass der Journalist nach unserer Absage mit ihnen in Kontakt getreten ist. Da wir eine gute Kooperation mit dem Institut pflegen und die gewissenhafte und detaillierte Arbeit der Mitarbeiter sehr zu schätzen wissen, hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch die Hoffnung, dass der Bericht doch noch eine gute Wende nehmen könnte.
Hoffnungen
Dieser Beitrag hätte sehr viel Potenzial gehabt, endlich die notwendige Aufmerksamkeit auf die Gesamtproblematik „Hate-Raids” und deren Folgen für die betroffenen Twitch-Streamer zu lenken.
Doch wie schnell diese Hoffnung umschlagen kann, wussten wir bis zum Abend des 11.04.2024 selbst noch nicht.
Die Ausstrahlung
Fassungslosigkeit und Verzweiflung: So könnte man den Zustand nach dem Bericht sowohl im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als auch auf Spiegel-Online beschreiben.
Im Nachgang zu diesem redaktionellen Desaster haben die Mitglieder des ISDS und TeamKompass intensiv und ausführlich über die Folgen diskutiert.
Wir sehen folgende Punkte besonders kritisch:
1. Es findet eine gewisse „Glorifizierung” der „Arbeit”/Angriffe der Gruppierungen statt. Diese haben sich nachweisbar sehr darüber gefreut, dass scheinbar keine Strafverfolgungsbehörde in der Lage wäre, sie zu fassen, und sie im Prinzip tun und lassen können, was sie wollen. Dies wird mehrfach in der Reportage und dem Artikel erwähnt.
2. Die Aussage, dass die Polizeibehörden sich nicht sonderlich um Fälle wie Swattings, Essensraids und die Verfolgung der Gruppierung kümmern, ist absolut nicht korrekt wiedergegeben und zeugt nicht nur von schlechter Recherche, sondern rückt auch die Polizeiarbeit in ein mehr als schlechtes Bild.
3. Zudem hat sich die Sorge über einen drastischen Anstieg der Mitgliederzahlen leider in der Zwischenzeit schon bewahrheitet.
Die Antwort der Medienlandschaft
Das Medienecho war leider genauso katastrophal wie die Berichte an sich. Swatting war DAS Thema und hat einen kurzen, medialen Aufschrei mit entsprechender Aufmerksamkeitswirkung verursacht.
Man könnte argumentieren: Dann hatte die Berichterstattung doch einen positiven Erfolg. Man spricht über das Thema.
Klares Nein! Man spricht nur über das clickbaitige Thema Swatting.
Als kleine Randnotizen werden Essensraids und in einem der über 20 Berichte, die die Thematik aufgegriffen haben, nur einmal „Twitch” im Nebensatz, erwähnt.
Thema verfehlt, und zwar auf ganzer Linie!
Was hätten wir uns gewünscht?
Drohungen/Hate Speech, Doxing, Essensraids, Swattings, Deepfakes und Fake-Bombendrohungen in Verbindung mit den dramatischen Folgen für Twitch-Streamer und Content-Creator. Verbunden mit einigen nachweisbaren Daten und Fakten, die aufzeigen, dass Betroffene von Hate-Raids über 95% kleine Twitch-Streamer darstellen und nur ein minimaler Teil auf große Influencer oder Politiker zurückzuführen ist.
Was haben wir bekommen?
Reißerische Berichterstattung. Teilweise nicht korrekt wiedergegebene Fakten, fragwürdige Quellen und Aussagen von angeblichen Experten, die nicht einmal auf Wahrheitsgehalt geprüft oder überhaupt auch nur ansatzweise hinterfragt worden sind. Weitergabe von gefährlichem Halbwissen aufgrund von Veröffentlichungsdruck.
Fazit
Das ISDS und TeamKompass sind sich in diesem Punkt mehr als einig: Auf solche Kooperationen mit der Presse werden wir in Zukunft definitiv verzichten! Eine Zusammenarbeit kann (wenn überhaupt) nur stattfinden, wenn die Federführung der Berichterstattung und die Inhalte an den Stellen verankert sind, die auch für die inhaltliche Korrektheit sorgen können: Bei uns.